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Arbeitszeitbetrug erlaubt eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung

Arbeitszeitbetrug erlaubt eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung

..so entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 09.08.2017 unter dem Aktenzeichen Sa 12/17).

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde

Ein Arbeitgeber hat seinen Mitarbeiter ordentlich (also fristgerecht) gekündigt, als er feststellte, dass der Mitarbeiter in seine monatlichen Stundenlisten, in die er selbst die Arbeitszeiten eingetragen hat, überhaupt nicht gearbeitet hat. Eine vorherige Abmahnung hat der Arbeitgeber nicht ausgesprochen. Nach der Kündigung klagte der Arbeitnehmer beim zuständigen Arbeitsgericht und im Laufe des Verfahrens machte er eine Abfindung in Höhe von mindestens 25.000,00 € geltend.

In der ersten Instanz entschied das Arbeitsgericht, dass der Mitarbeiter in erheblicher Weise seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat und zwar weil er im EDV System falsche Arbeitszeiten eingetragen hatte. In der zweiten Instanz musste sich das Landesarbeitsgericht mit dem Fall beschäftigen. Das Landesarbeitsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Der Arbeitszeitbetrug sei durch Zeugen belegt, somit sei die Kündigung des Arbeitgebers rechtmäßig gewesen.

Da es sich bei der Fälschung der Arbeitszeiten um einen schweren Vertrauensbruch handeln würde, sei auch keine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen.

Die Wirksamkeit von Eheverträgen im Hinblick auf den Ausschluss des Versorgungsausgleiches

Die Wirksamkeit von Eheverträgen im Hinblick auf den Ausschluss des Versorgungsausgleiches

Grundsätzlich können Eheleute verschiedene Vereinbarungen treffen. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleiches ist zulässig, wie auch die Vereinbarung von Gütertrennung und auch der Ausschluss eines Zugewinnausgleiches, soweit der Kernbereich des Scheidungsfolgenrechtes nicht berührt wird. Denkbar ist auch der Verzicht auf Betreuungsunterhalt, wenn grundsätzlich kein gemeinsamer Kinderwunsch besteht.

In Doppelverdienerehen, die keine gemeinsamen Kinder planen, ist der Ausschluss des Versorgungsausgleiches, d.h. die Teilung der Rentenanwartschaften im Falle einer Ehescheidung durchaus wirksam und realistisch. Wenn sich dann aber im Laufe der Ehe plötzlich etwas anderes ereignet, d.h. unerwartet ein Kind hinzukommt, bedeutet dies nicht unbedingt die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages.

Es ist stets abzustellen auf unterschiedliche Zeitpunkte, zum einen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und zum anderen zum Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft. Darin knüpfen letzten Endes auch unterschiedliche Rechtsfolgen an.

Führt die Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit gelten die gesetzlichen Regeln. Greift lediglich die Ausübungskontrolle ein, muss der wirksame Vertrag den geänderten Verhältnissen der Ehepartner angepasst werden. Im Ergebnis kommt es immer auf den Einzelfall an.

Die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters

Die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters

Der BGH hat erneut darüber entschieden und auch als verfassungsgemäß im Sinne des Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) anerkannt, dass eine Vaterschaftsanfechtung ausscheidet und zwar des leiblichen Vaters gegenüber dem rechtlichen Vater, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine soziale Beziehung gegeben ist.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung durch den leiblichen Vater im Sinne des § 1600 Abs. 2 BGB bleibt weiterhin, dass zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind keine sozialfamiliäre Bindung besteht.

Zum Beispiel lebt der neue Lebensgefährte seit einiger Zeit mit der Kindesmutter und dem Kind zusammen und hat dieser die Verantwortung für das Kind übernommen, und darüber hinaus auch die Vaterschaft anerkannt, kann der tatsächliche Vater, d.h. der biologische Vater nicht mehr in den bestehenden Familienbund eindringen.

Das Wohl des Kindes bleibt weiterhin im Vordergrund stehen.

So BGH Beschluss vom 18.10.2017 –  XII ZB 525/16

Streit nach Erbfall über Barabhebungen bei Vorsorgevollmacht

Streit nach Erbfall über Barabhebungen bei Vorsorgevollmacht

Vorsicht:

Erteilt der Vater eine General- und Vorsorgevollmacht, um Bargeld abzuheben, greifen hier die Regeln des Auftragsrechtes.

Der Auftragnehmer trägt dabei die Beweislast, dass die abgehobenen Gelder auch auftragsgemäß verwendet wurden.

Hiervon betroffen sind auch abgehobene Geldbeträge als Gegenleistung für Pflege und Betreuung.

Die gleiche Beweislast wird hier angewendet.

Liegt also zwischen Tochter und Vater ein handschriftlicher Vertrags vor, ist ein Auftragsverhältnis dem Grunde nach zu verneinen. Weitere Barabhebungen, Abhebungen von Kleinbeträgen, unterliegen dann nach Auffassung des Gerichtes allerdings einem Auftragsverhältnis. Hier war die Tochter des zwischenzeitlich Verstorbenen allerdings in der Lage nachzuweisen, dass die Barabhebungen auch wieder dem zwischenzeitlich Verstorbenen, aber damals noch lebenden Vater, zugeflossen, also an diesen herausgegeben worden waren.

Praxistipp: Sollten Angehörige Bedenken an der ordnungsgemäßen Ausübung eines Auftragsverhältnisses bzw. an der Erfüllung eines Vertragsverhältnisses haben, sind rechtzeitig rechtliche Schritte z.B. durch Anregung eines Kontrollbetreuers bei Gericht einzuleiten.

Ist das Geld einmal aufgebraucht, ist es oftmals nur schwer bei einem Streit nach Erbfall irgendwelche Regress- bzw. Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Anspruchsausschluss bei der Kaskoversicherung

Anspruchsausschluss bei der Kaskoversicherung

Ein Anspruch auf Schadensregulierung gegenüber der eigenen Kaskoversicherung kann bei zu später Schadensmeldung zum Anspruchsausschluss führen, so entschied das OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2017 – 20 U 42/17.

Der Kläger begehrte von der Beklagten, seiner Versicherung, die Entschädigung seines Fahrzeugschadens. Unberücksichtigt blieb dabei der Umstand, ob sich das Schadensereignis überhaupt zugetragen hatte oder nicht.

Die Versicherung berief sich auf eine vertragliche Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, mit der Maßgabe von der Leistungsverpflichtung frei geworden zu sein, da nicht umgehend eine Mitteilung gegenüber der Versicherung erfolgte, sondern erst nach sechs Monaten.

Der Versicherungsnehmer hatte selbst angegeben, auf eine Meldung gegenüber der eigenen Kaskoversicherung verzichtet zu haben, da er vorab versuchen wollte, den eigentlichen Schädiger in Anspruch zu nehmen.

Im Ergebnis zahlte die eigene Kaskoversicherung keinen Cent, weil die erforderliche Mitteilung ihr gegenüber viel zu spät erfolgte. Der Versicherungsnehmer habe das Fahrzeug auch reparieren lassen, die Bestätigung, die der Gutachter hierzu ausstellte, ließ allerdings nicht erkennen, dass auch fachgerecht repariert worden war.

Mit dieser Vorgehensweise hat der Versicherungsnehmer der Versicherung deswegen die Möglichkeit genommen, den Schadensfall selbst zu untersuchen und durch einen eigenen Gutachter überprüfen zu lassen.

Fazit: Vorsicht, wenn Sie über eine Kaskoversicherung verfügen, einen Schaden haben und zumindest über das schädigende Ereignis Ihre eigene Kaskoversicherung nicht rechtzeitig informiert haben. Maßgeblich ist alleine, das Anzeigen eines Schadensereignisses. Dies ist nicht damit zu verwechseln, dass eine Inanspruchnahme der eigenen Versicherung erfolgen soll.

BAföG-Leistungen

BAföG-Leistungen

Die BAföG-Leistungen eines Studenten, der nicht im Haushalte der Eltern, nicht in der Wohnung der Eltern lebt, ist höher angesetzt. Lebt der Auszubildende oder Studierende im Haushalt eines Elternteils, erfolgt demzufolge eine Kürzung der BAföG-Leistungen.
Eine Ausnahme hiervon hat das Bundesverwaltungsgericht zugelassen, wenn der Auszubildende einen Elternteil in seine Wohnung aufgenommen hat. Dann ist hierin eine Unterstützung des Auszubildenden gegenüber seinem Elternteil gegeben, erst recht, wenn der Elternteil von Sozialleistungen lebt und vom Auszubildenden in dessen Wohnung aufgenommen wird, weil der andere Elternteil über keinen eigenen Wohnraum mehr verfügt.
Dann ist nicht mehr die Rede davon, dass der Auszubildende bei dem Elternteil wohnt, sondern umgekehrt, dass der Elternteil beim Auszubildenden lebt.
Es greift also nicht der Grundsatz über die Gewährung von BAföG-Leistungen, dass ein Elternteil Kosten spart.
Die BAföG-Leistungen sind in voller Höhe zu gewähren, wie wenn der Auszubildende bzw. Studierende alleine eine eigene Wohnung unterhalten würde, so Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 08.11.2017 – 5 C 11.16

Autounfall – Was nun?

Autounfall – Was nun?

Bei einem Autounfall die Ruhe bewahren und dann das richtige tun ist oftmals schwer.

Oftmals weiß man nicht, ist man schuld, ist man nicht schuld, wird es kompliziert, wenn der Unfall im Ausland ist, welche Rechte und welche Pflichte habe ich. Umso wichtiger ist es, dann einen Spezialisten, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht, zu kontaktieren. Wir sind gern für Sie da.

Welche Ansprüche stehen im Raum

Bereits ein Erstgespräch lässt erkennen, welche Ansprüche gegebenenfalls im Raume stehen. Haben Sie einen unverschuldeten Autounfall, seien Sie vorsichtig, wenn die gegnerische Versicherung Sie kontaktiert und Ihnen erklärt, sich um alles kümmern zu wollen. Lassen Sie sich von einer unabhängigen Person, einem Rechtsanwalt, über Ihre Ansprüche, Ihre Rechte, aufklären. Nur so können Sie Gewissheit haben, dass Ihr Schaden, den Sie durch den unverschuldeten Autounfall erlitten haben, auch tatsächlich voll umfänglich reguliert wird.

Im Falle eines unverschuldeten Verkehrsunfalles werden auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung von der gegnerischen Versicherung getragen.

Seien Sie auch bedacht, welche Angaben Sie gegenüber der zum Unfallorte gerufenen Polizei machen. Ihre Personalien und persönlichen Daten reichen völlig aus. Alles Weitere kann durch Ihren Anwalt erledigt werden.

Ausgleichsansprüche bei Annullierung eines Fluges

Ausgleichsansprüche bei Annullierung eines Fluges

Der BGH hat nunmehr in seinem Urteil vom 10.10.2017 – X ZR 73/16 entschieden, dass die Rechte der Passagiere bei Flugannullierungen oder Stornierungen besser entschädigt werden sollen.
Auch wenn ein Ersatzflug angeboten ist, der hätte planmäßig durchgeführt werden können, ist es nicht immer ausreichend, dass die Fluggesellschaft von ihren Ausgleichspflichten gegenüber dem Passagier befreit wird.
Die Fluggastrechtverordnung ist nämlich dahingehend zu verstehen, dass etwaige Ansprüche des Fluggastes nicht bereits dadurch ausgeschlossen werden, indem dem Fluggast ein anderweitiges Beförderungsangebot unterbreitet wird, sondern ,nur dann, wenn der Fluggast ein Endziel mit dem zur Verfügung gestellten und angebotenen Ersatzflug höchstens zwei Stunden später, als ursprünglich vorgesehen, erreicht hat.

Immer diese Punkte, kein Handy am Steuer mehr

Immer diese Punkte, kein Handy am Steuer mehr

Handy am Steuer: Verbot auch beim Kontrollieren und fehlender SIM-Karte

Wer während der Fahrt mit einem Pkw sein Mobiltelefon in den Händen hält und mittels des Home-Buttons kontrolliert, ob das Telefon tatsächlich ausgeschaltet ist, benutzt das Telefon im Sinne der Straßenverkehrsordnung und begeht eine Ordnungswidrigkeit. Und auch bei einer fehlenden SIM-Karte ist jede Nutzung des Handys verboten. Das hat das OLG Hamm in zwei Verfahren entschieden.

Verfahren 1 RBs 170/16

Das bloße Kontrollieren, dass ein Mobiltelefon ausgeschaltet ist, kann schon eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit gemäß § 23 Abs. 1a StVO darstellen.

Darum geht es

Der heute 40 Jahre alte Betroffene aus Hamm befuhr im März 2016 mit seinem BMW die Richard-Wagner-Straße in Hamm. Dabei hielt er – so die Feststellungen des Amtsgerichts – während der Fahrt sein Mobiltelefon in der Hand und betätigte den Home-Button, was einem den Verkehr beobachtenden Polizeibeamten auffiel. In der Hauptverhandlung ließ sich der Betroffene dahingehend ein, er habe durch die Betätigung des Home-Buttons lediglich kontrollieren wollen, ob sein Gerät ein- oder ausgeschaltet gewesen sei. Es sei ausgeschaltet gewesen.

Das Amtsgericht bewertete den Sachverhalt als verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch den Betroffenen als Kraftfahrer und verhängte gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 100 €.

Auf die von dem Betroffenen gegen die Verurteilung erhobene Rechtsbeschwerde hat der Erste Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm die amtsgerichtliche Verurteilung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Betroffene vorsätzlich gegen die einschlägige Verbotsvorschrift des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung verstoßen habe.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Betroffene ist zu Recht verurteilt worden. Dies gilt nach dem OLG Hamm auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass das Mobiltelefon des Betroffenen tatsächlich ausgeschaltet gewesen ist und er durch Antippen des Home-Buttons dies lediglich habe kontrollieren wollen. Es sei obergerichtlich geklärt, dass sowohl das Einschalten als auch das Ausschalten eines Mobiltelefons eine im Straßenverkehr unerlaubte Benutzung im Sinne der genannten Verbotsvorschrift sei.

Auch bei einer Kontrolle des „Ausgeschaltetseins“ handele es sich um eine in diesem Sinne verbotswidrige Benutzung. Der Home-Button des Mobiltelefons diene im eingeschalteten Zustand unter anderem dazu, das mit einem verdunkelten Bildschirm im Ruhestand befindliche Telefon „aufzuwecken“ und die Bildschirmanzeige zu aktivieren. Gleichzeitig ermögliche der Button dadurch eine Kontrolle, ob das Handy ein- oder ausgeschaltet sei. Das Gerät werde durch eine Betätigung des Buttons auch im ausgeschalteten Zustand bestimmungsgemäß genutzt.

In diesem Zustand liefere ein weiterhin verdunkelter Bildschirm die zuverlässige Information, dass das Gerät tatsächlich ausgeschaltet sei. Es handele sich letztendlich um eine Art „Negativfunktion“ des ausgeschalteten Geräts, deren Abruf ebenfalls als Benutzung des Mobiltelefons bzw. seiner Funktionen anzusehen sei. Der Betroffene sei deswegen vom Amtsgericht zu Recht verurteilt worden. Aus Gründen der Klarstellung habe der Senat die Schuldform dahingehend berichtigt, dass der Betroffene vorsätzlich gehandelt habe.

OLG Hamm, Beschl. v. 29.12.2016 – 1 RBs 170/16 und Beschl. v. 08.06.2017 – 4 RBs 214/17

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilungen v. 20.06.2017

Parken auf schmalen Straßen im Saarland

Parken auf schmalen Straßen im Saarland

Parken auf schmalen Straßen: StVO-Norm unwirksam

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass § 12 Abs. 3 Nr. 3 der StVO teilweise unwirksam ist. Die Vorschrift verbietet auf schmalen Fahrbahnen auch das Parken gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten. Es sei unklar, was der Gesetzgeber mit einer „schmalen Fahrbahn“ meine. Die Norm sei daher zu unbestimmt und deshalb unwirksam, entschied das Gericht.

Darum geht es

Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus und einer Garage bebauten Grundstücks in einem Karlsruher Wohngebiet. Das Grundstück grenzt an eine Gemeindestraße mit einer 5,50 m breiten Fahrbahn und einem 1,15 m breiten Gehweg. Die Garage ist vor dem Wohnhaus und etwas tiefer als dieses errichtet, so dass ihre Ausfahrt zur Straße leicht ansteigt.

Parken auf der Straßenseite gegenüber andere Autos, kann der Kläger sein Auto nur unter mehrmaligem Rangieren auf die Straße bzw. von der Straße in seine Garage fahren. Im September 2012 beantragte der Kläger bei der Stadt Karlsruhe (Beklagte), auf der Fahrbahn gegenüber seiner Grundstücksausfahrt das Parken durch Verkehrszeichen zu verbieten.

Das Parken sei dort bereits nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO unzulässig, weil die Fahrbahn im Sinne dieser Vorschrift „schmal“  sei. Seit einiger Zeit würden gegenüber seinem Grundstück Autos eng hintereinander und nicht mehr wie bisher auf dem Gehweg geparkt. Dadurch betrage der Abstand zu seiner Garagenausfahrt nur noch 3,40 m. Eine geradlinige Ausfahrt sei mit seinem 4,92 m langen Auto völlig unmöglich. Er könne jetzt fast nur noch unter Mithilfe einer weiteren Person mit mehrmaligem Rangieren risikolos auf die Straße fahren.

Die Beklagte lehnte den Antrag nach einem Fahrversuch mit dem Kläger ab. Es sei zwar grundsätzlich möglich, das gesetzliche Parkverbot nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO im Einzelfall durch Anordnung von Verkehrszeichen, etwa einer Grenzmarkierung (Zeichen 299 StVO) oder eines Haltverbots (Zeichen 286 StVO), zu konkretisieren.

Die Fahrbahn der betreffenden Straße sei beim Grundstück des Klägers jedoch nicht im Sinne des gesetzlichen Parkverbots „schmal“, weil die Ausfahrt von diesem Grundstück im Falle eines gegenüber parkenden Autos in vorsichtiger Fahrweise und bei frühzeitigem Einlenken mit maximal zweimaligem Vor- und Zurücksetzen möglich sei. Bei einer solchen Sachlage sei eine Fahrbahn nicht „schmal“, wie verschiedene Gerichte entschieden hätten.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruch beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage. Das Verwaltungsgericht nahm einen Augenschein ein, bei dem der Kläger demonstrierte, dass er mit seinem Auto erst nach dreimaligem Rangieren auf die Straße fahren könne. Das Verwaltungsgericht wies die Klage anschließend u.a. mit der Begründung ab, angesichts des heutigen Straßenverkehrs und des herrschenden Parkdrucks sei je nach den örtlichen Verkehrsverhältnissen auch ein dreimaliges Rangieren mit einem Auto heute üblicher Größe noch verkehrsadäquat.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Vorsitzende bei der mündlichen Urteilsverkündung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag auf Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung erneut entscheide.

Ein solcher Anspruch folge entgegen der Ansicht des Klägers nicht schon daraus, dass auf der seiner Garagenausfahrt gegenüberliegenden Straßenseite ein gesetzliches Parkverbot nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bestehe, das dem Schutz seines Anliegergrundstücks diene und regelmäßig missachtet werde. Denn das betreffende Parkverbot nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Der Begriff „schmal“  genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Normen.

Es sei nicht möglich, den Begriff anhand anerkannter Auslegungsregeln zu konkretisieren. Verschiedene Oberlandes- und Oberverwaltungsgerichte hätten zwar als Maßstab eine maximal zulässige Zahl an Rangiervorgängen entwickelt, die für eine Ein- oder Ausfahrt im Einzelfall zumutbar seien. Die in der Rechtsprechung als zumutbar angesehene Anzahl der Rangiervorgänge variiere aber erheblich.

Ungeachtet dessen sei dieses einzelfallbezogene Kriterium zur Konkretisierung des Begriffs „schmal“ ohnehin untauglich. Denn der Adressat des bußgeldbewehrten Verbots, der Fahrer eines auf der gegenüberliegenden Seite einer Grundstücksein- und -ausfahrt geparkten Autos, könne selbst nicht hinreichend sicher ermitteln oder verlässlich einschätzen, wie viele Rangiervorgänge im jeweiligen Einzelfall nötig seien.

Der Kläger könne zwar auch unabhängig von der Gültigkeit des gesetzlichen Parkverbots nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs verlangen, wenn er bei einem Parken von Autos auf der gegenüberliegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert würde, diese Garage zu benutzen. Diese Voraussetzungen seien hier aber bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht erfüllt.

Ein zu Lasten des Klägers gehender Gesichtspunkt sei insbesondere, dass er eine befestigte private Verkehrsfläche (Gehweg und Autostellplatz) neben der Garagenausfahrt auf seinem Grundstück höher als diese angelegt und mit Steinen begrenzt habe. Denn infolgedessen könne diese Fläche beim Herausfahren auf die Straße nicht mitbenutzt werden. Die dadurch bedingte höhere Anzahl von Rangiervorgängen habe der Kläger selbst zu vertreten und daher hinzunehmen. Denn es sei ihm zumutbar, die Garagenausfahrt insoweit zu verbreitern.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen, da die Frage der Wirksamkeit des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO grundsätzliche Bedeutung hat. Diese kann vom Kläger binnen einen Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils eingelegt werden

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 08.03.2017 – 5 S 1044/15

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 08.03.2017