Grundsätzlich muss der Versicherte selbst für die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit (AU) bei der Krankenkasse sorgen. Sofern der Arzt die Bescheinigung der AU aber dem Versicherten nicht aushändigt, muss die Krankenkasse auch dann Krankengeld an den Versicherten zahlen, wenn die Bescheinigung zu spät bei ihr eingeht. Das hat das Sozialgericht Detmold entschieden.
Der Sachverhalt
Dies entschied das Sozialgericht Detmold im Falle einer 1957 geborenen Klägerin, die auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums krankgeschrieben war. Sie hatte sich rechtzeitig zu ihrem Hausarzt begeben, um die AU attestieren zu lassen. Der Arzt händigte das Formular, das für den Versicherten zur Vorlage bei seiner Krankenkasse bestimmt ist, aber nicht aus, sondern veranlasste die Versendung an die Krankenkasse selbst.
Unter anderem hierfür hatte er zuvor von der Krankenkasse Freiumschläge zur Verfügung gestellt bekommen. Als die Bescheinigung erst nach Ablauf der einwöchigen Meldefrist bei der Beklagten einging, verweigerte diese die Zahlung vom Krankengeld für die Zeit bis zur Vorlage der Bescheinigung.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Zu Unrecht, entschied das Sozialgericht. Zwar muss der Versicherte grundsätzlich selbst für die rechtzeitige Meldung der AU sorgen. Von dieser Obliegenheitsverpflichtung gibt es jedoch Ausnahmen.
Eine Ausnahme ergibt sich aus dem Gesetz über die Entgeltfortzahlung, da der Arzt danach verpflichtet ist, die AU der Krankenkasse zu melden. Treten Verzögerungen bei der Übermittlung der AU-Bescheinigung auf, muss sich die Krankenkasse diese zurechnen lassen.
Nach Auffassung der Richter greift diese Rechtsfolge auch dann ein, wenn der Arzt nach Ablauf der Entgeltfortzahlung ungefragt den Teil des Vordrucks der AU-Bescheinigung, der zur Vorlage bei der Krankenkasse bestimmt ist, nicht dem Versicherten aushändigt, sondern die Weiterleitung selbst übernimmt.
Die Klägerin hatte nämlich keine Möglichkeit, für den rechtzeitigen Zugang der Meldung zu sorgen. Sie war insbesondere nicht verpflichtet, die Krankenkasse über das Fortbestehen der AU auf andere Weise zu informieren. Sie durfte sich vielmehr darauf verlassen, dass der Arzt für eine rechtzeitige Übermittlung sorgt.
Die Kammer wertete dabei den Umstand, dass die Krankenkasse der Arztpraxis Freiumschläge zur Verfügung stellt, als Hinweis für die berechtigte Nutzung dieses Übermittlungsweges. Der Arzt handelte daher innerhalb seiner berufsrechtlichen Befugnis als Vertragsarzt.
Dann überwiegt das Risiko für den verspäteten Zugang der AU-Bescheinigung bei der Krankenkasse. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass der für den Versicherten vorgesehene Vordruck den Hinweis enthält, dass eine verspätete Meldung zum Ausschluß von Krankengeld führen kann.
Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Sozialgericht Detmold, Urteil vom 15.11.2017 – S 5 KR 266/17